Cooltune  DIY_HighEnd_Audio

Verstärker

Einleitung

Alles erscheint mit Verstärkern einfacher im Vergleich mit Lautsprechern. Verstärker haben einen flacheren Frequenzgang und weniger Verzerrungen als die besten Schallwandler oder Lautsprecher. Warum muss man sich diesbezüglich ebenfalls Gedanken machen?

In Verstärkern ist die Übereinstimmung zwischen dem Wert des Gesamtklirrfaktors (THD) und dem was man hört gleich null. Das Problem ist nicht der Zuhörer, sondern die Messmethode und deren Interpretation. 

Nackte Fakten

Die einfachen Daten des Gesamtklirrfaktors THD ignorieren das gesamte Verhalten der oberen Harmonischen und deren Abfall unter komplexen Betriebskonditionen. Es ist das Verhalten der Harmonischen. welche die Differenenzen in der tonalen Balance verschiedener Verstärkern mit identischem Frequenzgang und THD-Verzerrungsdaten erzeugen. Einfache THD-Messinstrumente addieren sämtliche Messwerte, ohne die wichtigen Ordnungszahlen der Verzerrungswerte zu berücksichtigen.

Die weitverbreitete Verwendung negativer Rückkopplung (NFB) reduziert alle Harmonischen in direkter Proportion zum Verhältnis der Rückkopplung, fügt aber unglücklicherweise von sich aus viele neue Harmonischen hinzu. Konkret werden hohe Werte Harmonischer 2ter und 3ter Ordnung mit vielen kleinen Werte Harmonischer hoher Ordnungszahl ersetzt. Negative Rückkopplung NFB hat in Verstärkern kein Potential, die gehörmässig wichtigen Werteverhältnisse von Harmonischen untereinander zu verbessern und die nackten Fakten diesbezüglich sind:

  • Einfache SE-Schaltungen (Single-Ended) erzeugen Harmonische 2ter und 4ter Ordnung
  • Gegentakt-Schaltungen (Push-Pull) fügen Harmonische 3ter, 5ter, 7ter und 9ter Ordnung hinzu
  • Rückkopplung NFB kann eine Reihe von Harmonischen erzeugen bis hinauf zur 80ten Ordnung
  • Induktive Lasten an der Verstärkerschaltung fügen zusätzlich noch eine Abhängigket der Harmonischen zur Frequenz dazu

(Analysiert von Norman Crowhurst, Nachdruck Glass Audio Magazin, Ausgabe 6-7)

Eine andere Quelle von Verzerrungen sind Elektromagnetische Interferenzen verursacht durch Netzteile, auch EMI-Rauschen genannt. Sie sind in Verstärkerschaltungen für nicht zu unterschätzende Klangverfäschung verantwortlich, bei dem zahlreiche Harmonische höherer Ordnung hinzugefügt werden. Dies fällt bei reinen Klasse A Verstärkern wegen des konstanten Strombedarfs nicht so sehr ins Gewicht. Der Strombedarf der Klasse AB Verstärkern hingegen schwankt permanet und das bedeudet letztlich, dass auch das Spektrum der harmonischen Verzerrungen im Takt des Strombedarfs ändert.

Interpretation der Fakten

Und was hat das alles mit Musik zu tun? Reale Musik ist aus unzähligen, dicht zueinander angeordneten Tönen zusammengesetzt, bei welchem Chöre oder Violinen die dichtesten Strukturen aufweisen. Bereits 1950 wurde durch D.E.L. Shorter von der BBC aufgezeigt, dass mit wenigen, sehr dichten Basistönen entstehenden Differenztöne (IM, nicht-lineare Verzerrungen), also zusätzliche Töne aus der Summe und Differenz mehrerer Basistönen, eine Serie einfacher harmonischer Verzerrungen übersteigt. Während die Anzahl der Basistöne ansteigt, steigen die nicht-linearen Verzerrungen (IM) wesentlich schneller als die harmonischen Verzerrungen (Harmonische der 2ten und 3ten Ordnung).

Deshalb beinflussen Verstärker mit vielen Harmonischen hoher Ordnung den Klang bei der Wiedergabe wesentlich stärker, als mit Harmonischen kleiner Ordnung (2ter und 3ter Ordnung); oder in anderen Worten: Harmonische Verzerrungen kleiner Ordnung haben weniger klangliche Auswirkungen (obwohl sie beinahe alle einfachen Messungen des Gesamtklirrfaktors THD dominieren)!

Überlegungen zur Konstruktion

Obschon alle oben aufgeführten Sachverhalte wichtig sind, können nicht alle vollständig gelöst oder überwunden werden. Nicht desto trotz, mit einigen Massnahmen können diese Probleme in Grenzen gehalten werden:

  • Kontinuierlicher Anstieg des Gesamtklirrfaktor zur Ausgangsleistung mit möglichst kleinen Schwankungen innerhalb des Frequenzspektrums
  • Kontinuierlicher Abfall gerader und ungerader Harmonischer über einen möglichst grossen Signalstärkebereich
  • Harmonische der 6ten Ordnung und darüber sollten idealerweise unterhalb des Rauschpegels des Verstärkers fallen
  • In die Sättigung getrieben sollte der Vertsärker mit Soft-Clipping reagieren

In der Praxis muss daher beim Verstärkerbau auf folgende Kriterien geachtet werden:

  • Vermeidung negativer Rückkopplung (NFB) oder zumindesten keine Werte über 20 dB verwenden (bei einem Verstärker der bereits so linear wie irgendwie machbar ausgelegt wurde)
  • SE (Single-Ended) oder bei Gegentakt (Push-Pull) Klasse A Verstärker einsetzen
  • Stabiles Netzteil mit keinem (bzw. möglichst wenigem) EMI-Rauschen und kleinen Spannungs-Schwankungen gemessen am Audiosignal

Leider ist es ungemein schwierig zu bestimmen, welche Abweichungen innerhalb der vier Kriterien klanglich noch tolerierbar ist.